Dieser Beitrag setzt sich mit der Behandlung des deutschen Kolonialerbes in der Jugendkolonialliteratur der DDR und der BRD auseinander. Da die untersuchten Werke – genauso wie die Mehrheit der bis zur deutschen Teilung veröffentlichten Jugendkolonialbücher – an historische Ereignisse und Staatsideologien anknüpfen, wird im ersten Teil des Beitrags der gesamtdeutsche kulturgeschichtliche Kontext und der gesellschaftliche Status des Schwarzseins dargestellt. Das Hauptaugenmerk des zweiten Teils liegt auf der staatsideologischen Prägung dieser Werke. Dabei wird der Fokus vor allem darauf gelegt, wie diese Prägung sowohl bei der Darstellung der deutschen Kolonialgeschichte als auch bei Race- und Genderkonstruktionen verschiedener Figuren festzustellen ist. Auf den ersten Blick zeichnen sich die westdeutschen Jugendkolonialwerke durch kolonialrevisionistische Aspekte und thematische Vielfalt aus, während bei der ostdeutschen Jugendkolonialliteratur eine kolonialkritische Haltung und die Behandlung des zurzeit wieder vielbesprochenen deutschen Völkermords an den OvaHerero und Nama dominant sind. Danach werden deren Gemeinsamkeiten thematisiert, die auf die gemeinsame Geschichte und ein gesamtdeutsches Kulturerbe zurückzuführen sind. Dabei wird auf den dargestellten Kolonialrassismus und auf das Potenzial der Jugendliteratur bei der Dekolonisierung der Germanistik hingewiesen.