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Schwarm und Schwelle: Migrationsbewegungen in Elfriede Jelineks Die Schutzbefohlenen

Abstract

Ausgehend vom Begriff des Schwarms fragt der Beitrag nach dem Schreiben über Asyl und Migration in Elfriede Jelineks Theatertext Die Schutzbefohlenen (2013). Basierend auf der Beobachtung, dass Jelinek den Begriff des Schwarms aus Aischylos’ Tragödie Die Schutzflehenden entlehnt (konkret handelt es sich um den „Vogelschwarm“ und den „Barbarenschwarm“), widmet sich der Beitrag den vielfältigen Ebenen, die der Begriff in diesem Kontext eröffnet. Der Schwarm als Kollektiv ohne Zentrum und hierarchische Struktur stellt vorhandene Kategorien wie Eigenes und Fremdes, Innen und Außen in Frage und eröffnet ein anderes Denken von Gemeinschaft. In seinen Eigenschaften kann der Schwarm als ein Phänomen der Schwelle beschrieben werden, als Grenzen überschreitende und auflösende Formation. Neben dieser Lesart wird der Begriff gegenwärtig verstärkt als Metapher für Bedrohungsszenarien herangezogen. Als Formation der anderen Ordnung bzw. der Unordnung bündelt er diverse Angstfantasien, die aktuell auf politischer bzw. medialer Ebene mit Asyl und Migration verbunden werden. Die Beschreibung von „Flüchtlingsströmen“ ähnelt jenem des Schwarms: Es wird das Eindringen einer unkontrollierbaren Formation suggeriert, gegen die ausschließlich gewaltsam vorgegangen werden kann.

Jelineks Theatertext Die Schutzbefohlenen reagiert auf aktuelle Asyldebatten und rekurriert auf reale Vorfälle wie die Besetzung der Wiener Votivkirche durch AsylwerberInnen im Jahr 2012, aber auch auf die Flüchtlingskatastrophen, die sich aktuell im Mittelmeer ereignen. Mit dem Aufgreifen des Begriff des Schwarms macht sie die historische Dimension von Asyl und Migration sichtbar, verweist auf Kontinuitäten und Verschiebungen im Sprechen darüber und eröffnet dadurch, dass der Text als schwärmende Formation zu beschreiben ist, einen Schwellenraum, in dem jenseits starrer Grenzziehungen neue Perspektiven auf Asyl und Migration eröffnet werden können.

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